**Papa im Konflikt zwischen Verantwortung und Kindes Willen.** Kind (11) leckt sich die Lippen und das drumherum wund. Dauernd. Und immer wieder. Ist schon fast wie ein 'Tick'. Mit Salbe wäre das in 2 Tagen wieder schön. Leider hat Kind keine Lust auf Salbe. Egal welche Salbe. Wehrt sich mit Händen und Füßen. Grund: dann müsste es noch mehr lecken. Macht es aber auch so schon im 30 Sek. Takt. Mir sträubt sich alles, seinem Wunsch, das einfach so laufen zu lassen, nach zu geben. Das wird ja immer schlimmer. Dem Kind die Salbe gegen seinen Willen rauf zu schmieren, scheint mir aber auch nicht gut. Es in die Suche nach einer Lösung einzubeziehen, scheitert. Kind zieht sich zurück und liest Bücher. Komme dann nur noch ganz schwer an es ran. Rede dann eher mit der Wand. Ich werde wütend, fühle mich hilflos. Dem Kind geht es auch nicht gut. Weder in der Situation noch mit seiner Lippe.
Hat jemand von Euch Ideen/Tipps/Gedanken?

@jeff
Ich kenne dein Kind natürlich nicht, aber ich erkenne darin mich selbst und meinen 7jährigen Sohn wieder (wir beide haben ADHS). Lippenlecken war im Winter bei uns beiden wetterbedingt, aber ansonsten ne Stressreaktion. Darauf ansprechen, Verbote aussprechen, etc produziert nur mehr Stress, weil man hier ja ein Ventil wegnehmen will. Bücher lesen, abtauchen, ist dann der Versuch sich dem Stress komplett zu entziehen und in den Hyperfokus zu fliehen.
@fedieltern

@jeff
Finde heraus was EIGENTLICH los ist. Ich habe meinen Sohn letzte Woche beim Legospielen mit knallrot geleckten Lippen gesehen und gleich gefragt ob alles ok ist, was los ist. Stellte sich heraus: Er hatte Streit in der Schule.

Und ohne dir zu nahe treten zu wollen: Dein Kind macht bei mir ganz viele Kreuze auf der ADHS-Bingokarte. Lass das vielleicht mal abchecken. 😉
@fedieltern

@momo Das ist spannend, was du schreibst. Wir hatten bisher eher den leisen Verdacht auf eine schwache Form von Autismus. Aber ADHS? Ok, wir ziehen das mal ins nähere Blickfeld. Vielleicht ist da was dran.
Ja, Stress könnte was sein. Wobei wir ja gerade Ferien haben. Aber vielleicht hat er trotzdem was auf dem Herzen.

@jeff
Das Ding ist, dass sich Formen aus dem Authismus-Spektrum, AD(H)S, Depression, Borderline und so weiter viele Symptome teilen. Die Diagnose ist deshalb sehr Aufwändig und arbeitet viel mit Ausschluss. Unbehandeltes AD(H)S ist Stress und belastet das Selbstbewusstsein, das führt zu Depression, Burnout und/oder Boreout. Insofern ist das immer ne Symptomsuppe...
@fedieltern

@davodego
Therapie. Medikation. Und vor allem Information. Wenn du möchtest, erzähle ich dir gerne, wie es ist 40 Jahre lang zu wissen, dass man anders ist, aber man kann nicht beschreiben wie und warum. Alle 8-10 Jahre den Job zu wechseln, weil irgendein Teamleiter mit deinen Eigenheiten nicht mehr klar kommt. Konstant das Gefühl zu haben alles zu geben und nicht zu genügen. Und dann gehst du den Nachlass deiner Mutter durch und findest eine ADHS-Diagnose von 1988...
@jeff @fedieltern

@momo @jeff @fedieltern Die Frage war weniger für mich, sondern mehr für den Diskussionsverlauf.
Ich gestatte mir die Prioritäten nochmal zu Verstärken:
1. Information
2. Therapie
3. Medikation

Wie du es ja schon geschrieben hast.

@davodego
Ich würde Medikation nicht unbedingt pauschal an 3. Stelle setzen, je nach Ausprägung gehört das auf Platz 1. Schon allein weil ADHSler ohne Medikation ein signifikant erhöhtes Risiko haben im Alter Alzheimer zu entwickeln... aber das kommt auf den Fall an. Ich z.B. bräuchte definitiv mehr MPH als ich aktuell nehme, aber mein Bluthochdruck sorgt dafür, dass ich es hin und wieder sogar absetzen muss, wenn die Werte zu hoch werden.
@jeff @fedieltern

@momo @davodego

Ich finde immer den Vergleich mit einer Brille gut:

Es gibt Leute (erwachsene) die brauchen eine Brille bei Bedarf, zum Beispiel nur beim lesen oder fürs Autofahren und kommen sonst ohne super durchs Leben.
Es gibt aber auch Leute die ohne Brille nicht Lebensfähig sind und nichtmal die Hand vor Augen sehen können.

Es gibt Kinder die sehen von Geburt an schlecht und erst beim lesen an der Tafel fällt es auf.
Manchmal aber auch schon früher weil sie überall gegen rennen.

@solo
Oh, ich habe seit Geburt eine Amblyopie. Bedeutet, dass ich neurologisch mit dem rechten Auge nicht sehen kann (was aber organisch prinzipiell sehfähig ist). Niemand weiss, dass ich nur 2D sehe und mir selbst wurde das auch erst mit Anfang 30 klar als alle 3D-Fernseher hatten und ich nicht kapiert habe was die da sehen. Ich vergleich Ritalin bei ADHSlern gerne mit "Und plötzlich sind für ein paar Stunden beide Augen offen". Nur halt mit dem Denken, nicht dem Sehen.
@davodego

@momo @fedieltern @davodego @jeff Ah fuck, warum liest man das so oft? Warum werden solche Sachen verschwiegen?

:hug: wenn du magst

@fink
Wissensstand der 80er Jahre. Meine Mutter war Krankenschwester und der Auffassung "Die wollen ja nur meinen Jungen mit Amphetaminen unter Drogen setzen und ruhigstellen."

Heute weiss man, dass ADHS bedeutet, dass die Neuronen im Gehirn zu viele Dopamin- und Noradrenalin-Reabsorbierungszellen haben, dementsprechend die ausgeschütteten Hormone zu schnell wieder aufgenommen werden und die Synapsen somit in der Signalübertragung behindert werden.
@fedieltern @davodego @jeff

@fink
Und Methylphenidat, was bei neurotypischen Menschen einfach nur einen wacheren Zustand bewirkt und sie aufputscht, erhöht bei ADHSlern die Ausschüttung von Dopamin und Noradrenalin, wodurch sich ihre Hirnaktivität normalisiert und sie ruhiger werden, weil sie nicht permanent im Stress stehen ihre Unzulänglichkeiten zu kompensieren und damit den Ansprüchen einer neurotypischen Welt zu genügen.

Man weiss heute einfach mehr als damals in 1988.

@fedieltern @davodego @jeff

@momo @fedieltern @davodego @jeff Ja, aber ich würde dann mit meinem Kind darüber reden. Ärztin sagt dies aber wir machen jenes weil...

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